Iraks Landwirtschaft

Selten wird über wirtschaftliche Veränderungen im Irak berichtet, die durch die USA vorangetrieben werden. Doch der Freiheitsbegriff der neocons impliziert die Freiheit der Großkonzerne, und so wird deren Zugang und Macht im Irak auch immer weiter untermauert. Eventuell das plakativste Beispiel ist die Markt-Schaffung oder Markttransformation für die großen Biotech- und Genfoodunternehmen. Konzerne wie Monsanto waren bereits öfter negativ aufgefallen. Der Fall des kanadischen Bauers Percy Schmeiser, Monsanto vs Schmeiser, machte Schlagzeilen und schaffte es hierzulande immerhin in eine spätabendlich in der ARD ausgestrahlte Dokumentation. Auch in anderen Teilen der Welt zeigen sich Landwirte alles andere als begeistert, z.B. in Indien. Im Irak zeichnet sich der ehemalige Zivilverwalter verantwortlich für etliche Marktneuregelungen, in Bezug auf die Landwirtschaft insbesondere für die sogenannte order 81.

Farmers shall be prohibited from re-using seeds of protected varieties or any variety mentioned in items 1 and 2 of paragraph (C) of Article 14 of this Chapter.

Damit wird mit einer irakischen Tradition im Anbau gebrochen und ein ganzer klassischer Wirtschaftszweig in eine zukünftige Abhängigkeit gebracht. Diese ist mindestens finanzieller Natur:

The CPA [die Zivilverwaltung unter Paul Bremer] has made it illegal for Iraqi farmers to re-use seeds harvested from new varieties registered under the law. Iraqis may continue to use and save from their traditional seed stocks or what’s left of them after the years of war and drought, but that is the not the agenda for reconstruction embedded in the ruling. The purpose of the law is to facilitate the establishment of a new seed market in Iraq, where transnational corporations can sell their seeds – genetically modified or not, which farmers would have to purchase afresh every single cropping season. (Iraq’s new patent law: A declaration of war against farmers)

Während sich also die internationalen Medien mittlerweile mit der Frage beschäftigen, ob GWB nicht doch irgendwie ‘Recht hatte’ mit einigen seiner Ansichten und Prognosen, schreitet die Wirklichkeit im Irak voran: Eine Zukunft mit heftiger Abhängigkeit von den amerikanischen und internationalen Großkonzernen. Im Irakkrieg ging es nie explizit um Öl, Demokratie oder Massenvernichtungswaffen, sondern um den weiteren Ausbau und die Stabilisierung der US-amerikanischen Wirtschaftshegemonie. Am 16. März versammelt sich die neue irakische Nationalversammlung und wird vorraussichtlich bald darauf eine neue Regierung bestätigen, ebenso beginnen die Beratungen und Verhandlungen über die zukünftige irakische Verfassung. Ich bin gespannt, ob Themen wie dieses auf der Tagesordnung erscheinen werden und hoffe, man bekommt hier etwas davon in der Presse mit. Einige weitere Texte:
Bush liefert Irak an Monsanto & Co. aus. (23.11.2004)
Patente US-Patente für den Irak? (Telepolis, 18.11.2004)
Undermining Iraq’s Food Security. (informationclearinghouse, 31.01.2005)
Iraq’s Crop Patent Law A Threat To Food Security. (countercurrents, 03.03.2005)
Monsanto “erobert” den Irak (word2go 04.04.05)
Initiative Nachrichtenaufklärung; vernachlässigtes Thema 2005 (15.02.2006)