*schrei* E-T-H-N-O-L-O-G-I-E. Jeder Ethnologiestudent kennt die Frage danach, was “Ethnologie eigentlich ist”. [Anm.: Nicht, dass jemand denkt, nach dem Studium habe sich das erledigt — it’s getting worse!] Und jeder schafft sich im Laufe der Zeit seine eigene Strategie und Formulierungen, um ohne allzu viele Umschweife eine Erklärung zu geben. Dass dies gar nicht so leicht ist, wie man denken könnte, beweist z.B. die Debatte um den wikipedia-Eintrag über dieses Fach. Evifa (virtuelle Fachbibliothek Ethnologie) berichtete vor kurzem:
Seit einiger Zeit wird in der Wikipedia der Artikel zur “Ethnologie” als zu “dünn” und teilweise “unbrauchbar” kritisiert. Diskutiert und von einigen gefordert wurde bereits die Löschung, weil insbesondere der historische Teil vor allem durch Lücken glänzt. Aber auch in der Definition des Gegenstandes des Faches ist man sich nicht einig, wie anhand der Diskussionsbeiträge zum Artikel verfolgt werden kann. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Wikipedia als Informationsressource großer Teile der Bevölkerung ist eine mit den aktuellen Fachdiskussionen mehr übereinstimmende Darstellung der Inhalte und Geschichte des Faches dringend erwünscht. Entsprechend ist ein Hinweis direkt am Anfang der Seite als Hilferuf zu verstehen. Es scheint aber so, als halte sich die Fachwelt vornehm zurück.
Aus dem antropologi.info Ethnologie-Forum habe ich nun aber etwas fischen können: Eine Rede von Dr. Alexander Knorr, der am Institut für Ethnologie und Afrikanistik der Ludwig-Maximilians-Universität München forscht und lehrt. In hitziger Atmosphäre — nämlich im Rahmen von Protesten gegen schlechte Lehrbedingungen am Institut — gibt er mit seinem sehr ruhig gehaltenen Vortrag einen guten Einblick, was unter Ethnologie zu verstehen ist und zur Relevanz des Faches. Gewiss, die Schattenseiten in der Geschichte der Ethnologie sind im Rahmen dieses öffentlichen Auftrittes weitestgehend ausgeblendet. Dennoch könnte ich sicher keine bessere und leichter verständliche Erklärung geben — auf die oben genannte Frage versucht man sich auch deutlich kürzer zu halten.
–> MP3: Rede von Alexander Knorr auf dem Marienplatz in München, Mai 2005.
lorenz 18. Juli 2006 at 7:10 pm
Danke fuer den Hinweis auf EVIFA – diese Meldung hatte ich glatt uebersehen. Der Anfang des Wikipedia-Eintrags ist wirklich grausig und toent so, als haette es die 60er-Jahre und die drauffolgende postmodernen und fackritischen Debatten nicht gegeben. Es werden zudem amerikanische mit britischen / europaeischen Traditionen vemengt (bei uns ist ja Archaelogie und physische Anthropologie nicht Teil des Fachs). Beim naechsten Regentag wissen wir was zu tun ist.
fab 8. August 2006 at 8:16 pm
Kleiner Hinweis:
In der aktuellen Ethnologik ist genau diese Rede als Artikel veröffentlicht. Ich hoffe, die Redaktion kann sich noch dazu durchringen die gesamte Ausgabe als pdf zu veröffentlichen. Schickt doch eMails an die Redaktion 🙂