Timo weist auf eine Studie des Stern hin, wonach u.a. 60 Prozent der Befragten angaben, sie empfänden die in Deutschland lebenden Muslime nicht bloß als Bereicherung, sondern auch als Bedrohung. 38 Prozent gaben an, Angst vor “dem Islam” zu haben. Endlich gibt es also wieder ein relativ deutliches Feindbild. Das war dem Deutschen ganz offensichtlich viel zu lange abhanden gekommen. Mölln, Rostock und Co. sind lange Geschichte und an Erscheinungen wie den national-befreiten Zonen stört man sich auch nicht so sehr. Weshalb auch? Die beginnen ja nun richtig sinnvolle Einrichtungen zu werden. Ein Leben ohne Angst in heimischer Idylle erwartet einen da. Da streitet man sich ums Bier, nicht um Karikaturen. Und nimmt sicherlich auch nicht folgende Anmerkung zum Karikaturenstreit zur Kenntnis:
Während diese ziemlich handfesten Konflikte in deutschen Interpretationshochburgen immer öfter mit dem Schlagwort “Kampf der Kulturen” ideologisch umkleidet werden, ist man sich offenbar zu vornehm, sich einmal nach den Muslimen umzusehen, mit denen man doch tatsächlich zusammenlebt! Hier ist kein Kampf, schon gar keiner “der Kulturen”, in Sicht. Die hiesigen Muslime hätten sich mit jener aufgebrachten Menge ideell verbünden können, wenn sie sich hier so wenig heimisch, so wenig verwurzelt fühlten, wie beispielsweise diejenigen meinen, die in jedem Kreuzberger Hinterhof eine Parallelgesellschaft heraufbeschwören. Sie erkannten die Provokation, das ja; aber war der Grad ihrer Gekränktheit, ihres Sich-Unverstanden- und Ausgeschlossen-Fühlens so groß, dass sie auch nur in Erwägung gezogen haben, die Flucht ins große fiktive “Wir” mit nahöstlichen Eiferern anzutreten? Keineswegs!
Seit der Ermordung des holländischen Regisseurs Theo van Gogh werden einige nicht müde, das Ende der Multikulti-Gesellschaft zu besingen. Nun, in einem Moment, wo man es am wenigsten erwarten könnte, erbringen die Muslime Westeuropas ihren neuen Heimatländern diesen Vertrauensbeweis. Es wäre mehr als schade, über ihn hinwegzugehen, nur weil sich über die These vom “Kampf der Kulturen” dramatischer diskutieren lässt. [Hilal Sezgin; TAZ]
Hiesige Muslime gehen auf Distanz zu den Extremisten. Die Demo in Köln vor eineinhalb Jahren und die aktuellen Erklärungen unterstreichen dies. Noch sind die Stimmen zu leise, viel zu leise. Hier müssen sich einerseits die Medien für mehr dieser O-Töne öffnen und andererseits müssen muslimische Deutsche auch lernen, dass es wichtiger denn je wird, ihre Positionen gegen Fanatismus stärker zu artikulieren.
Ich persönlich habe jedenfalls deutlich mehr Angst vor der deutschen Nazifratze (die es gibt, wie ich desöfteren erleben durfte) als vor “dem Islam” (den es in dieser Pauschalform, bzw. dem unterstellten Sinne als homogenes Konstrukt, nicht gibt).