Leute wählt, nur bloß nicht schwarz-gelb

Don Alphonso geht davon aus, “(…) dass die Union einen Top-Down-Klassenkampf inzenieren wird”. Er kommt zu einer anderen Wahlentscheidung als ich, dennoch ist seine kleine Wahlserie “Keine Wahlempfehlung” ein interessanter Streifzug durch die Hirnwindungen eines Wählers:

“Ich wähle nicht SPD, weil ich Mitglied bin. Die Sozis müssen jedesmal zeigen, was sie können.” [no. I]

“Ich weiss noch, wie die CSU-Hirnverhehrer bei uns an der Schule versucht haben, politische Symbole zu verbieten und Leute auszugrenzen, die anders waren. Es war für den Punk genauso hart wie für den Anzugträger; alles, was anders war, wurde kleingemacht. Wir haben uns gewehrt, wir haben das aufgebrochen. Ich bin längst ein alter Sack und Grufties sind mir als Jugendkultur ziemlich fern, aber ich will verdammt sein, wenn ich jemals eine Partei wähle, die den pöbelnden Spiessern Recht gibt.” [no. II]

“Mancher mag sich von Hartz IV oder der doppelten Staatsbürgerschaft oder der Homoehe oder dem Spitzensteuersatz bedroht fühlen. Das sind dann die Leute, die bei der Ausübung ihrer verfassungsmässigen Rechte noch nie durch einen Wald voller CS-Gas gejagt wurden, auf Befehl der CSU.” [no. III]

“Wer FDP wählt, sollte besser der Partei nie den Rücken zudrehen. Ich weiss das. Und sie werden es erfahren.” [no. IV]

“Keine Ahnung, wer sich hier in wessen Glanz sonnt. Die Jungunternehmer strahlen, weil sie die Bundessieger sind und viel Geld bekommen. Die Veranstalter strahlen, weil alle Medien da sind. Die Ausrichter, unter ihnen der Stern, neben dem SPON bezeichnderweise heute einer der publizistischen CDU-Unterstützer, freuen sich über die Laudatorin: Angela Merkel. Damals Vorsitzende einer Skandalpartei, heute immer noch und zudem auch noch Kanzlerkandidatin. Der Sieger bekommt 100.000 Mark aus ihrer Hand. Es ist Herbst 2000, alles ist vorbei, aber Merkel redet nochmal von der grossen, tollen Zukunft des Internets. Sie weiss es halt nicht besser.” [no. V]

“Zur Staatsoper nach München kann ich von meiner Haustür aus fahren, ohne auch nur ein einziges Mal etwas anderes als Reichtum, Landschaft und boomende Industrie zu sehen. Meine Aufträge kommen aus einer der wenigen Regionen der Erde, in denen es noch besser läuft. Daran wird sich nichts ändern. Aber ich habe, wie mancher vielleicht auch weiss, den Osten gesehen. Auf fast jeder Fahrt nach Berlin bin ich irgendwo ausgestiegen. In Berlin habe ich auch die weniger schönen Ecken erlebt. Das würde sich unter der Union massiv ausbreiten, und deshalb wähle ich SPD.” [no. VI]