Der Staat im Staat in der ersten Person
Selbstanklagen klingen hier nach Restauration einer Haut
die ist wie eine Blindenschrift
die sich ohne Berührungsängste lesen läßt
wie ein Fluchtversuch
eines Kriegsberichterstatters, der sich selbst verflucht
weil er Liebeserklärungen als Auswege sucht
und nichts findet
Siehst Du ihn jetzt, wie der sich windet?
wie wenn ihr eure Augen verbindet
der mit Ausdruck Eindruck schindet
Bombenkratergleich weil:
der reißt Dich richtig auf
Dein Rücken ist dem eine weit’re Tür
paß auf Dein Rückgrat auf sagt der
und ich stehe hinter Dir
das ist Dein Pech der meint
gib’s mir
Sing Sing
Jedes Bild ist wie ein Messer, ist Gebrauchsgegenstand
und lesen meint hier denken mit anderm Verstand
indem man liest
Gedanken sucht und findet
die dann zitiert, verbindet (das ist Technik)
und wer das nutzt macht sich verdächtig
wird unberechtigt Ladendieb genannt
so wird ein Zeichensprecher Schwerverbrecher
dann wird Gebrauchsgegenstand zwingend Mordinstrument
wozu Gebrauchsgegenstand, ich brauche Mordinstrument
jedes Bild ist wie ein Messer
Sing Sing
Hey Knacki, kennst Du den schon
Stammheim Babel
die wollten ihren eigenen Nabel
sich einen Namen, machen Namen geben
nicht in Staaten, nicht in Vollzugsanstalten leben
und bauten statt Staat einen Turm – weswegen ?
die waren Kinder ihrer Eltern und genau dagegen
brave Kinder heiliger Eltern
Hochstaplerkarriere auf der Lauer
der Turm fiel um und wurde Mauer
wurde Sprachbarriere
ich mache weiter als ob nichts gewesen wäre
ich mache weiter als ob nichts gewesen wäre
Sing Sing
(Text – Distelmeyer)
(Ghettowelt-7″Single, 1991; “Die Welt ist schön”, 2002)