Fast 2 Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York wurde die Welt 2003 Zeuge der nächsten Eskalationsstufe amerikanischer Außenpolitik. Unter Beteiligung einer so genannten „Koalition der Willigen“ wurde ein Krieg gegen den Irak geführt. Die Motive und Ziele diesen Krieg zu führen waren von Beginn an heftig umstritten, eine Vereinbarkeit mit der UN-Charta nicht vorhanden.
Auch nachdem der amerikanische Präsident George W. Bush – in einer medial unübertrefflichen Inszenierung auf einem US-Flugzeugträger – am 1. Mai 2003 das Ende der Kriegshandlungen verkündete, blieb die Situation im Irak bis heute problematisch. Ein Blick zurück auf die wichtigsten Stationen hin zum Krieg:
In dem Bericht zur Lage der Nation, den George W. Bush am 29. Januar 2002 in einer Rede präsentierte, vollzog sich in der öffentlichen Wahrnehmung der erste Schritt hin zu einem neuem Konflikt mit dem Irak:
„Der Irak stellt weiterhin seine Feindseligkeit gegenüber Amerika zur Schau und unterstützt den Terror. Das irakische Regime plant insgeheim seit über zehn Jahren die Herstellung von Milzbranderregern, Nervengas und von Nuklearwaffen. Dies ist ein Regime, das bereits Giftgas zur Ermordung von Tausenden der eigenen Bürger einsetzte – die Körper der Mütter wurden über den toten Kindern liegen gelassen. Dies ist ein Regime, das internationalen Inspektionen zustimmte – und dann die Inspektoren hinausschmiss. Dies ist ein Regime, das etwas vor der zivilisierten Welt zu verstecken hat. Staaten wie diese und ihre terroristischen Verbündeten stellen eine Achse des Bösen dar, die sich bewaffnet, um den Frieden auf der Welt zu bedrohen.” (mehr)
Weitergeführt wurde diese Haltung in der Veröffentlichung der Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) im September 2002. Hier wird zum ersten Mal davon gesprochen, dass sich die USA zukünftig gegen Gefahren und Bedrohungen stellen werden, bevor diese „übermächtig“ werden und ihrerseits handeln. Damit war die Idee eines Präventivkrieges (genauer: Präemptiv, also gegen eine nur vermutete Bedrohung gerichtet) geboren und bereits im Oktober desselben Jahres bemächtigt der US-Kongress, einen Tag später der Senat, den amerikanischen Präsidenten zu einem eventuellen Krieg gegen den Irak. Doch von nun an wurde seitens der USA vorerst der Versuch unternommen, die Zustimmung der Vereinten Nationen zu gewinnen. Am 8. November wurde daher die Resolution 1441 verabschiedet, die dem Irak schwerwiegende Verstöße bescheinigte, dazu aufforderte seine Massenvernichtungswaffen zu zerstören und der irakischen Regierung ernsthafte Konsequenzen androhte. Erneute Waffenkontrollen im Irak folgten, ebenso übergab das Land einen Bericht zu allen seinen Rüstungsprojekten. Während in der Folge die europäischen Akteure Frankreich und Deutschland – Rußland schloss sich an – deutlich Stellung bezogen, die Waffenkontrollen unter UN-Führung sollten weitergehen und sie einen Krieg gegen den Irak ablehnten, verschärfte sich die Rhetorik und die Argumentation der USA und seiner Verbündeten zunehmend. Gleichzeitig wurden bereits große Truppenverbände an den Golf verlegt. Auch das spricht für „…wichtige Indizien, dass die Bush-Administration ihre Entscheidung zum Krieg bereits in der ersten Jahreshälfte 2002, also Monate vor der Verabschiedung der UNO-Resolution 1441 getroffen hatte.“ (Hippler 2003).
Tony Blair präsentierte am 24. September 2002 ein Dossier, das nachweisen sollte, der Irak könne binnen 45 Minuten chemische und biologische Waffen einsetzen. Falsche Argumentationen wie diese – so sprach die amerikanische Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice ebenfalls im September von Kontakten zwischen al-Quaida und dem Irak – kumulierten in der Sicherheitsratssitzung vom 5. Februar 2003, in der Colin Powell „…die Welt mit ‚wasserdichten’ Beweisen von der Gefährlichkeit irakischer Massenvernichtungswaffen überzeugen“ wollte.
Etwas über einen Monat später, am 17. März 2003 erklärte die US-Regierung die Zeit der Diplomatie für verstrichen und forderte Saddam Hussein auf, das Land zu verlassen.
Dieser letztendliche Schritt hin zum Krieg vollzog sich nach „(…) the mid-March 2003 breakdown of U.N. diplomacy over whether the U.N. Security Council should authorize war against Iraq for failing to comply with resolution 1441. The diplomatic breakdown followed several briefings for the U.N. Security Council by the director of the U.N. inspection body UNMOVIC (…) and the director of the IAEA.“ (Katzman 2003: 19).
An diesem diplomatischen Zusammenbruch waren u.a. auch Rußland und China beteiligt, die sich der Haltung Deutschlands und Frankreichs anschlossen. Mit massiven Angriffen auf Bagdad („shock and awe“) begann am 20. März der 3. Golfkrieg, die „Operation Iraqi Freedom“. Das erklärte Ziel: Der Sturz des Regimes von Saddam Hussein, das Auffinden und Vernichten der angeblich vorhandenen Massenvernichtungswaffen und schlussendlich eine Demokratisierung des Irak.
„The campaign in Iraq had indeed succeeded in overthrowing Saddam’s regime, but as of late September 2003, no weapons of mass destruction had been found. (…) It was clear that, as our forces took over the country, new terrorist networks were being created, or imported, in resistance to the American effort. (…) No one could believe at this point that bringing about such a democratic transformation would be easy, quick, or cheap. If it’s true that if a primary but unspoken purpose of the military campaign was to demonstrate the skills and courage of the American forces, then it was surely a success. (…) But power creates ist own adversaries (…)” (Wesley Clark Okt. 2003)
(geschrieben im Okt. 2003 für ein Politikseminar)
Dies gilt auch noch heute: Keine Massenvernichtungswaffen, neue terroristische Netzwerke, AbuGhraib, Fallujah … Aktuell bleibt zu hoffen, dass die unter schwierigsten Umständen – nennen wir es mal so – gewählte Nationalversammlung Schritte in eine Richtung einleitet, die den Irak in eine bessere Zukunft führen.