Bewerbungstips

Peter Mühlbauer nimmt sich der Bewerbung an und macht sich ein paar Gedanken über diese als Ritual unserer Zeit:

Die Bewerbungsmappe und das Bewerbungsfoto dienen dann als (auch finanziell deutlich spürbares) “Opfer”, die immer strengere Form der Bewerbung, in mehrwöchigen Zwangskursen vom Arbeitsamt gelehrt, als “Ritual”. Hinzu kommt, dass die Bewerbungstechniken, wie in der Magie üblich, als Geheimwissen übermittelt werden — was sich bereits an der Auskunftsfreudigkeit der Arbeitsagentur oder ihrer ausgelagerten Veranstalter gegenüber der Presse gut beobachten lässt. Sowohl das in Agentur umbenannte Arbeitsamt als auch die privaten Kursveranstalter blieben eine Antwort auf die Frage was nun genau in den mehrwöchigen Bewerbungskursen vermittelt wird schuldig.

Für eine zweistündige Hochschulabsolventen- und Akademikerrunde, der ich vergangene Woche im hiesigen Arbeitsamt beiwohnen durfte, kann ich die vermittelten Inhalte gerne nachreichen. Handfeste Tips zu den Bewerbungstechniken waren u.a., dass man ein Anschreiben und einen Lebenslauf bräuchte (I didn’t expect that!); letzterer solle 2 Seiten nicht überschreiten. Insbesondere hängen geblieben sind aber die Stichworte zu der Frage, was denn nun konkret da rein gehöre und zu schreiben wäre: “beschönigen, ausbauen, kleine Lügen” und alles weitere in dieser Richtung sei ok. Nur bitte nicht soviel davon, dass man sich aus der selbstkonstruierten Verstrickung im Bewerbungsgespräch nicht auch wieder herauswinden könnte.

Nun, auf die Idee kommt ja schließlich auch keiner von selbst. 😮

[Nachtrag: Bitte unbedingt den Trackback und die dortigen Links beachten.]

  • Ethnologie in den Medien / Presseschau (neu) 20. März 2006 at 12:07 pm

    Bewerbungskultur und magisches Denken im 21. Jahrhundert…

    Telepolis-Autor Peter Mühlbauer schaut mit einer originellen Perspektive auf die heutige Bewerbungskultur. Die zunehmend als unkontrollierbar wahrgenommenen ökonomischen Lebensbedingungen, schreibt er, führen zu einer Renaissance von magischem Denke…

  • JO-ZONE » Die Job-Bewerbung aus ethnologischer Perspektive 21. März 2006 at 11:59 pm

    […] Ich selber habe vor einigen Jahren nach dem Studium mal über 80 Bewerbungen geschrieben und fast ebensoviele Absagen kassiert. Dass man da anfängt komische Sachen zu denken und zu machen wurde mir beim Lesen dieser beiden Artikel wieder in Erinnerung gerufen ….. […]